Schöne Grüße aus der Vorwelt

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Der Fernsehsender „Vor Ort in Steinfurt“, kurz VOIS, wirbt jetzt auf Plakaten mit dem Satz: „Wir machen keine Zeitung.“ Fünf ganz nett aussehende Menschen, darüber in großen weißen Buchstaben das Senderlogo und dieser Spruch. Der Satz ist etwas ungeschickt formuliert. Wer für etwas werben möchte, sagt besser gleich, was es ist, statt Assoziationen mit dem minderwertigen Gegenteil zu wecken. Hier fahren die Leute weiter und denken an eine Zeitung.

Sie machen keine Zeitung, aber dafür einen sehr netten Eindruck.
Sie machen keine Zeitung, aber dafür einen sehr netten Eindruck.

Die Frage ist: Was denken sie da?

Möglicherweise nichts Gutes. Davon gehen die Werber anscheinend aus. Schlecht wäre ja, wenn die Menschen gleich an der nächsten Tankstelle anhalten, um sich eine Zeitung besorgen, weil das Plakat sie daran erinnert hat, dass es so etwas überhaupt noch gibt. Und schlecht wäre, wenn die Leute denken: „Machen keine Zeitung? Ja gut. Irgendwie schade.“

Ich stelle mir einen Alfa-Romeo-Werbespot vor. Aus der Hubschrauber-Perspektive ist ein rotes Auto zu sehen. Es fährt vor einer Staubwolke über eine endlose Wüstenstraße. Dann wird der Satz eingeblendet: „Alfa Romeo. Wir machen keine Ferraris.“

Nein, so funktioniert das nicht. Das geht nur, wenn man die Zeitung für etwas Schlechteres hält, ein überkommenes Produkt, das nicht mehr so ganz in die Zeit passt. Aber zum Glück gibt es ja etwas Neues. VOIS-TV.

Dann bin ich auf die Internetseite des Senders gegangen.

Kleiner Nachtrag:

Eine Kollegin aus der VOIS-Redaktion weist mich darauf hin, dass sich die Werbung nicht auf die kostenlose Videoplattform bezieht, sondern auf ein Abo-Produkt, das man sich hier ansehen kann: www.vois-premium.de.

Die Kollegin schreibt:

„Mit dem Slogan ‚Wir machen keine Zeitung‘ wollen wir darauf hinweisen, dass unsere Nachrichten nicht erst am nächsten Tag im Briefkasten auf Papier vorliegen oder in der E-Paper-Ausgabe der Zeitung erscheinen, sondern dass sie, wann immer ein Artikel fertiggestellt ist, direkt ins Abo-Produkt einfließen. Wir halten das für absolut zeitgemäß.“

So ist das natürlich plausibel. Ich befürchte nur, dass das nicht auf Anhieb alle so verstehen, die an dem Plakat vorbeifahren. Dann bleibt der Eindruck, dass da irgendwie auch zwischen den Zeilen steht: „Wir können das besser.“ Und der bestätigt sich leider bei einem Blick auf die Website so noch nicht.

Vielleicht aber noch mal grundsätzlich: Ich will mich gar nicht über Inhalte beschweren oder lustig machen. Eigentlich finde ich es sehr gut, wenn lokale Fernsehsender der Zeitung Konkurrenz machen. Das kann allen nur nützen.

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